Es gibt in der Provinz von Sierra Leone, selbst in der Distrikthauptstadt Kamakwie, keine Müllabfuhr, keine zentrale Lösung des Müll-Problems. Früher wurde der Müll hinter das Haus und in den Fluss geworfen, da war es aber nur biologischer Müll. Heute überwiegt, wie bei uns, der Plastik-Müll. Die losen Lebensmittel werden auf dem Markt in Plastiktüten verkauft, für alles bekommt man dünne schwarze Plastiktüten mitgegeben. Das saubere Wasser wird in durchsichtige Plastiktüten eingeschweißt verkauft und diese landen überall in der Gegend, ebenso wie die Zementsäcke aus Kunststoff… All diese nicht verwitternden Abfälle landen in der Natur.
Nun sind die Sierra Leoner sehr reinliche Menschen. Um das Haus herum wird immer sehr ordentlich gefegt und aller Müll zusammengetragen. Der wird dann wie früher hinter das Haus auf einen großen Haufen geworfen oder in kleinen Haufen verbrannt. Die Tatsache, dass beim Verbrennen von Kunststoff bei niedrigen Temperaturen giftige Dioxine freigesetzt werden, ist hier unbekannt. Also schmurgelt immer irgendwo ein kleines Feuerchen giftig vor sich her.
Spätestens mit dem ersten selbstproduzierten Müll stellte sich also die Frage: Was machen wir damit? Wir haben ihn erst mal in einem Eimer im Haus gesammelt und unsere Haushaltshilfe James hat ihn dann auf einen Haufen hinter das Haus geworfen. Hm… Etwas unbefriedigend. Der Biomüll ist kein Problem – der wird von den frei herum laufenden Ziegen und Hühnern “weiterverarbeitet”. Eine kurze Zeit lang haben wir probiert, einen Karton-Kompost anzulegen, der war aber ratzfatz verschwunden. Auch Getränkedosen und Kunststoffflaschen werden aufgesammelt, offenbar gibt es irgendwo dafür Geld. Aber was passiert mit den vielen Plastik-Tüten?
Nun könnten wir uns als Europäer zurücklehnen und sagen: Da braucht es ein ordentliches Müll-System mit Trennung und Abholung, so wie bei uns. Aber, mal ehrlich, bei uns wird das Problem einfach verlagert. Wir sehen den Müll, den wir produzieren, nicht auf dem großen Haufen hinter dem Haus. Stellt Euch mal vor, was das für ein Haufen wäre! Wir sammeln alles fein und nehmen an, dass der Müll einfach irgendwie verschwindet. Aber eigentlich wissen wir auch alle, dass das nicht passiert, dass er auf riesigen Müllhalden landet, verbrannt oder in sogenannte Dritte-Welt-Länder exportiert wird.
Hier, in Kamakwie, haben wir nicht die Option, einfach wegzuschauen. Also müssen Lösungen her. Natürlich ist Plastik-Vermeidung auch hier die beste Option. Wir gehen mit LIONBAGS und Schüsseln einkaufen, wir sammeln die durchsichtigen kleinen Wassertüten und setzen sie in unserem Aufforstungsprojekt Greenlimba für die Aufzucht von Bäumen ein. Wir haben ein System für gebrauchte Zementsäcke eingeführt, die man in unserer LIONBAG-Werkstatt gegen Pfandgeld abgeben kann. Aber trotzdem bleiben noch Unmengen an Müll übrig.
Vielleicht kann man ihn doch verbrennen, aber mit höherer Temperatur, sodass weniger giftige Gase entstehen?
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf entstand hinter unserem Haus eine kleine ummauerte Feuerstelle, in der wir den (Plastik-) Müll zusammentragen und durch Zuführung von weiterem brennbaren Material mit höhere Temperaturen verbrennen. Alle Nachbarn haben das Projekt begrüßt und wollen nun auch ihren Müll dort verbrennen.
Der erste Testlauf war erfolgreich. Auch wenn die Kartons, die wir gesammelt hatten, um ein möglichst heißes Feuer zu erzeugen, vorher verschwunden waren. Wir hatten überhaupt nicht geahnt, was für wertvolle Schätze leere Kartons hier sind! Überhaupt wird alles, was noch irgendwie sinnvoll weiterverwertet werden kann, von glücklichen Schatzsuchern mit nach Hause genommen. Das ist ja auch Müllvermeidung vom Feinsten!
Die Müllfrage ist also gelöst? Nein, natürlich noch nicht. Aber wir arbeiten weiter daran und lassen uns nicht entmutigen …